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20 GW neue Gaskraftwerke? Es geht anders
Schwarz-Rot plant, Gas zuzubauen. Das ist einfallslos.

Hi Cleantechie!
Dieser Newsletter gibt dir jede Woche in 5 Minuten den Überblick über die wichtigsten Unternehmen, Forschungsdurchbrüche und Trends der Branche.
Heute schaue ich mir nicht alles an, was sich Schwarz-Rot bei Klima und Energie im Koalitionsvertrag vorgenommen hat. Ich greife einen Aspekt heraus, der mich selbst interessiert: der geplante Zubau an Gaskraftwerken. Leitfrage: Muss das denn sein?
Am Ende stelle ich eine kleine Frage, die dich betrifft, wenn du diesen Newsletter schon einmal empfohlen hast.
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Das sind Alternativen zum Ausbau von Gaskraftwerken
Was Schwarz-Rot beschlossen hat
Zubau von bis zu 20 GW Gaskraftwerksleistung bis 2030 im Rahmen einer zu überarbeitenden Kraftwerksstrategie.
Die neuen Gaskraftwerke sollen vorrangig an bestehenden Kraftwerksstandorten entstehen und regional nach Bedarf gesteuert werden.
Ein Kapazitätsmechanismus soll einen systemdienlichen Technologiemix aus Kraftwerken, Erzeugungsanlagen, Speichern und Flexibilitäten fördern.
Reservekraftwerke sollen künftig nicht nur zur Vermeidung von Versorgungsengpässen, sondern auch zur Stabilisierung des Strompreises eingesetzt werden
Wie Schwarz-Rot es begründet
Versorgungssicherheit
Niedrigere Strompreise – ein größeres Energieangebot soll zur Stabilisierung und Reduzierung der Stromkosten beitragen.
Kohlekraftwerke stilllegen – die Koalition will Kohlekraftwerke durch Gaskraftwerke direkt ersetzen.
Welche Alternativen es zu 20 GW neuen Gaskraftwerken gibt
Nun, ohne besondere Gewichtung:
Netzausbau grundlegend anders finanzieren
Grenzüberschreitenden Netzausbau verstärken
Absicherungspflicht einführen
Pumpspeicherkraftwerke erweitern und modernisieren
Batteriespeicher an Netzengpässen installieren
Kraft-Wärme-Kopplung ausbauen
Einführung intelligenter Zähler beschleunigen
Lastmanagement/Nachfragesteuerung bei Industrieprozessen fördern
Elektrolyseure als regelbare/steuerbare Last nutzen
Virtuelle Kraftwerke vernetzen
Tiefengeothermie ausbauen
Steigerung der Anpassungsfähigkeit bestehender Biogasanlagen vorantreiben
Rückspeisung aus Elektrofahrzeugen ins Stromnetz (Vehicle-to-Grid/V2G) ermöglichen
Regionale Märkte für anpassbare Leistung/Regelenergiemärkte schaffen
Strompreiszonen etablieren
Strom-zu-Wärme-Technologien in Fernwärmenetzen integrieren
Schwimmende Windkraft europaweit ausbauen
Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen (Agri-PV) flächendeckend einsetzen
Hemmnisse für Heimspeicher abbauen
Sektorgekoppelte Quartierskonzepte einführen
Es gibt noch mehr Ideen, sicher. Ich will sie gar nicht im Detail diskutieren. Der Punkt ist ein anderer:
🍏 Was ich denke
Mit dieser langen Liste wollte ich eine Sache verdeutlichen: Wir müssen keine 20 GW an neuen Gaskraftwerken bauen. Weniger reicht auch – wenn wir die Prioritäten anders setzen.
Wer an das Energiesystem von morgen denkt und zuerst Gaskraftwerke sieht, heißt mutmaßlich RWE und denkt in Wahrheit nicht nur an das Energiesystem von morgen. Er erinnert sich viel mehr der „guten alten Zeit“, als die Margen so hoch wie die Emissionen waren und die Zahl der Strom- und Wärmeproduzenten beruhigend übersichtlich blieb.
Gaskraftwerke sollen sicher und bezahlbar sein. Das sind die zwei Hauptargumente, die E.ON und RWE in ihrem Positionspapier (PDF) und die neue Koalition anführen.
Dabei verdrängen schon heute große Batteriespeicher in gut funktionierenden Märkten die Gaskraftwerke – ohne hohe CO₂-Preise. Werden die Gaskraftwerke mit CO₂-Abscheidung versehen, sind sie in Deutschland nicht wettbewerbsfähig. Es gibt auch kein Transportnetz für das Gas (geschätzter Kostenpunkt laut Verband der Zementindustrie: 14 Milliarden Euro).
Für Wasserstoff gibt es zwar ein Transportnetz, aber reine Wasserstoffkraftwerke sind mit ihrer Ineffizienz eher in einem voll integrierten Erneuerbaren-System plausibel, wo sie Nischenfunktionen erfüllen können.
Gleichzeitig wurde das hochwichtige Ziel der Versorgungssicherheit durch tief fliegende Debatten über Dunkelflauten, Blackouts und Brownouts so zugenebelt, das völlig untergeht, dass die Dauer der Stromausfälle in Deutschland seit Jahren sinkt, während wir unser Energiesystem auf Erneuerbare umstellen.
Eine Sache ist zentral: Die Gaskraftwerke sollen im Rahmen eines Kapazitätsmarktes entstehen. Das bedeutet, dass die Allgemeinheit für sie aufkommt, auch dann, wenn sie nicht laufen.
Wer auf diese Weise den Bau von 20 GW Gaskraftwerken finanzieren will, braucht einen besonders guten Grund. Denn heute liegt die Beweislast bei den fossilen Erzeugern.
Gibt es so einen triftigen Grund? Jaein. Wir wissen nicht, wie sich ein System verhält, das mit beinahe 100 % Erneuerbaren fährt. Deutschland ist heute bei knapp 60 %. In dieser Situation kann es allein aus psychologischen Gründen sinnvoll sein, ein Sicherheitsnetz zu haben – ähnlich dem Erbe, der bei der Unternehmensgründung voll ins Risiko gehen kann, weil er weich fällt.
Aber: Wir sind eben auch erst bei 60 %. Das war der leichte Teil der Energiewende.
Der Schwierige beginnt jetzt, wo Speicher, intelligent gefahrene Netze, Stromhandel und Integration mit den Nachbarländern anstehen. Das alles braucht Unterstützung und Förderung. Das müsste zuerst in einem Kapazitätsmarkt angereizt werden. Dann erst die Gaskraftwerke.
Das letzte Mal, als der Staat aus Angst um die Versorgungssicherheit Gasinfrastruktur hochgezogen hat, ist ein warnendes Beispiel. Alle Gasterminals, die nach dem Ukraine-Krieg in Nord- und Ostsee installiert wurden, laufen laut einer Auswertung der Deutschen Umwelthilfe deutlich unter Kapazität.
Wer heute noch Gaskraftwerke bauen will, muss beweisen, dass es sie braucht. Eine nostalgische Quote zum Schutz aussterbender Arten ist nur in der Tierwelt ein triftiger Grund, aber nicht in der Energiewirtschaft.
👉️ Steige tiefer ein
Hier findest du den Koalitionsvertrag (PDF).
Hast du Anmerkungen? Antworte direkt oder nutze die Kommentarsektion.
Die guten Links
Deep Dives, die deine Zeit wert sind.
♻️ Ich gebe zu: Nicht alles aus dieser Podcastfolge des VDI mit dem Aachener Professor Lars Blank über mikrobiologisches Plastikrecycling habe ich verstanden, aber das, was ich verstanden habe, war hochinteressant. Absolute Hörempfehlung für alle, die zu diesem Thema mehr wissen wollen und für mich die Erinnerung, dass Chemie vielleicht doch kein so „stinklangweiliges“ Fach war, wie es der 17-jährige Rico glaubte.
🤖 „Warum die Klimaversprechen der KI stark an CO₂-Kompensationen erinnern“. James Temple liefert hier genau den richtigen Bewertungsrahmen, um KI-Klima-Ankündigungen kritisch einordnen zu können. Er sagt nicht, dass KIs nicht dabei helfen könnten, CO₂ einzusparen. Er sagt aber, dass wir nicht alles glauben sollten, was wir zu hören bekommen. Hier ist eine Herausforderung für die KI-Unternehmen: Sie versprechen uns eine Artificial General Intelligence. Ich denke, wer DAS auslobt, kann doch quasi nebenbei gute Klimaanwendungen finden, oder? Ist eh realistischer.
🚗Es entsteht ein neues Geschäftsmodell für gebrauchte E-Autos, wie Heatmap berichtet. Sehr alte, gebrauchte E-Autos wie den Nissan Leaf kaufen und ihnen hochmoderne Akkusysteme aus China verpassen. Kauft man baufällige Häuser, saniert und verkauft sie, heißt das „Fix & Flip“. Ich schlage analog für Autos Fix & Roll vor.
🚢 Ein internationales Abkommen verpflichtet Schiffe, ihre Emissionen zu senken oder eine Gebühr zu zahlen, um die Klimaverschmutzung in der Schifffahrtsindustrie zu reduzieren. NYTimes hat die News, Carbon Brief die etwas tiefer gehende Analyse. tl;dr – Das ist neu. Das ist bisher nie da gewesen. Das ist gut, auch wenn die USA nicht dabei sind. Die können ohnehin nicht mehr so viele Schiffe bauen. (Dazu Text mit Tiefgang hier.)
🇪🇸 Nächstes Jahr schließt Spanien sein letztes Kohlekraftwerk, dann erst sind die AKWs dran – in Deutschland war es andersherum. Parallel baut das Land Solar und Speicher in großer Geschwindigkeit aus. Ich schenke dem Land sehr viel Beachtung, weil es mit seinen Küsten und seiner Sonne zu einem echten Energiehub für ganz Europa werden kann. Bloomberg hat die Story. Aber es bleibt eine bange Frage: Kann Spanien nicht nur besser Fußball spielen als wir, sondern auch sinnvoller eine Energiewende planen? 🫢
🇩🇪 Starker Satz: „Die künftige Koalition in Deutschland muss liefern. Sonst geschieht ihr das gleiche wie der Ampel, diesmal nicht beim Haushalt, sondern beim Klimaschutz.“ Und er wird noch stärker, wenn man den Autoren kennt: Thomas Heilmann, Mitglied der CDU.
🔋 Ein Kampf um Heimspeicher ist entbrannt. Dieser Text bei Klimareporter gibt mit vielen Links einen guten Überblick. Ich bin für die PRO-Abonnenten im Herbst noch etwas tiefer gegangen (€).
🧱 Wo in Deutschland wurde welches Material verbaut? Diese neue Datenbank sagt es. Sie ist eine wichtige Voraussetzung für echte Kreislaufwirtschaft – und sie ist auch eine Fleißarbeit erster Güte. 🐝
Die wichtigen News
Nachrichten, über die die Branche gerade spricht.
☀️ Solarenergie
Trina Solar bringt Perowskit-Technologie von Oxford PV auf den chinesischen Markt (pv magazine Deutschland)
Solarstrom aus Mooren löst mehrere Probleme gleichzeitig (Golem)
Elektrohandwerk meldet deutlichen Rückgang bei Photovoltaik- und Speicher-Installationen (pv magazine Deutschland)
Klage von Kleingartenpächtern gegen Solaranlagen abgewiesen (Energiezukunft)
🔋 Batterietechnologie
Volkswagen-Tochter Scania übernimmt Batteriepack-Tochter von Northvolt (Handelsblatt)
MAN produziert Batterien für E-Trucks und E-Busse künftig selbst (Ingenieur.de)
Base Power erhält 200 Millionen Dollar für Heimbatterien (TechCrunch)
Beckum und E.ON Energy Solutions beteiligen Bürger an Großspeicher (pv magazine Deutschland)
🌬️ Windenergie
Siemens Gamesa errichtet das leistungsstärkste Windrad Europas (t3n)
China stärkt Position im Nahen Osten mit neuem Windkraftwerk (Recharge)
Dänemark kehrt zu Offshore-Wind-Subventionen zurück (Recharge)
US-Windkraftausbau schrumpft um 40 % aufgrund von Unsicherheiten unter Trump (Recharge)
Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD alarmiert Windkraftakteure in Baden-Württemberg (Erneuerbare Energien)
⚛️ Atomkraft & Kernfusion
Kanada genehmigt ersten Small Modular Reactor (Politico Pro)
🌊 Wasserkraft
Energyminer erhält Genehmigung für Projekt im Lech bei Augsburg (Energyminer)
🧪 Wasserstoff
Kass erhält erste EU-Zertifizierung für grünes E-Methanol (FuelCellsWorks)
Solarmodul erzeugt Wasserstoff und Trinkwasser aus Meerwasser (Golem)
Wie der Schiffsverkehr die Wasserstoffwirtschaft retten kann (Handelsblatt)
♻️ Plastik & Recycling
Plastikindustrie verfehlt Recyclingziel deutlich (Tagesschau)
📈 Marktentwicklungen & Politik
Jobs…
Diese Jobs kommen direkt aus der Community. Also sag’ bei der Bewerbung, dass du ihn hier gesehen hast ✌️
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… & Deals
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Cool, Lego, stellt bald in Vietnam seine Steine nur mit grüner Energie her. Aber war da nicht noch etwas anderes?
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