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Lytens Northvolt-Coup: Erst Li-Ion, dann der Technologiesprung

Warum der scheinbare Ausverkauf europäischer Batterietechnik auch eine Chance sein kann.

Hi Cleantechie!

Dieser Newsletter hilft dir, die wichtigsten Trends, Forschungsdurchbrüche und Geschäftsmodelle der Branche zu verstehen.

Heute schauen wir uns die Northvolt-Übernahme durch Lyten genauer an: Es ist ein kühner Plan – der eine große Chance für Europa bereithält.

Let's go!

🍏 Daniel liest diesen Newsletter und ist Cleantech Pro. Ich wollte vor ein paar Wochen von ihm wissen, warum er zahlt.

Er sagte: „Sobald ich etwas regelmäßig lese, bezahle ich dafür. Als der dritte Newsletter von dir kam, habe ich mich gefragt, wo ist denn hier der Abo-Knopf?“

Nun, für alle, die mitlesen: Hier ist der Abo-Knopf 😉 👇️ 

Das ist die Logik hinter Lytens Northvolt-Übernahme

Kurz gesagt

US-Startup Lyten übernimmt Northvolt‑Assets samt der geförderten Fabrik in Heide (SH). Die Strategie: erst Lithium-Ionen-Batterieproduktion hochfahren, Cash generieren, dann auf Lithium‑Schwefel umstellen – und in Europa Fuß fassen.

Die wichtigsten Fragen

Was hat Lyten gekauft?

  • Die schwedische Fabrik in Skellefteå, die Labore in Västerås und die Baustelle in Heide, Schleswig-Holstein, sowie alle übrigen Patente.

  • Die Fabriken produzieren 16 GWh Batterien, weitere 15 GWh entstehen.

  • Lyten plant auch die Übernahme der kanadischen Fabrik.

  • Lyten übernahm 2024 bereits die Northvolt-Fabrik in Kalifornien, die polnische BESS-Fabrik und Patente.

  • Northvolt war zuvor $5 Milliarden wert. Bestehende Investoren finanzierten Lytens Übernahme.

Wie viel hat Lyten gezahlt?

Northvolt und Lyten schweigen zum Kaufpreis.

Drei Indizien deuten auf einen Kaufpreis von $75-$100 Millionen:

  • Bloomberg berichtet: Lyten sammelte $200 Millionen von Investoren für die Übernahme.

  • Der Northvolt-Insolvenzverwalter (FT) warnt vor hohen Betriebskosten. Das eingesammelte Geld muss also Kauf und Betrieb für zwei bis drei Jahre decken. CEO Dan Cook bestätigt ausreichende Mittel.

  • Von fünf Interessenten im Juni blieb im August nur Lyten. Northvolt musste die Assets verkaufen – fast zum Nulltarif.

Wer ist Lyten?

  • US-Startup aus San Jose (Kalifornien), gegründet 2015, 200 Mitarbeiter.

  • 2023: Series B mit $200 Millionen von Stellantis, FedEx, Honeywell

  • Produziert Lithium-Schwefel-Batterien für Drohnen und Rüstung.

  • Profitiert von US-Militärrichtlinien: Pentagon darf keine chinesischen Akkus kaufen.

  • Mai 2023: Pilotanlage in San Jose startet. Plant 10 GWh-Fabrik in Reno (Nevada) für 2027.

  • Liefert erste Prototypen aus San Jose, keine Massenfertigung bisher.

  • Ein Autobauer lehnte laut Reuters Zusammenarbeit ab: zu wenig Produktionskapazität.

  • Avicenne Energy-Analyst Michael Sanders lobt Lytens „weltklasse“ Produktionslinie.

  • Im Juli hat das Startup ca. 45 Mitarbeiter, mehr als 20% der Belegschaft, entlassen, darunter Celina Mikolajczak, eine Spezialistin für Feststoff-Batterien, die zuvor bei Quantumscape gearbeitet hatte.

Auf welche Technik setzt Lyten?

  • Kern der Firma: Lithium-Schwefel-Akkus

  • Lithium-Schwefel-Batterien haben ein Problem: Sie halten nur wenige Ladezyklen. Deswegen sind sie perfekt für Drohnen, die nicht sehr oft fliegen müssen (weil sie abgeschossen werden oder im Ziel explodieren.)

  • Aber Lyten will die Technologie auch in anderen Segmenten wie stationären Speichern und E-Autos einsetzen.

  • Nach eigenen Angaben haben sie einen Weg gefunden, die Haltbarkeit der Batterien zu erhöhen. Sie setzen auf eine proprietäre Kohlenstoff-Verbindung namens 3D-Graphene.

  • Lyten vermarktet seine Batterien offensiv als zu 100% in den USA hergestellt; ohne Mangan, Kobalt, Nickel oder Grafit; mit höherer Energiedichte als Lithium-Eisenphosphat oder Lithium-Ionen-Akkus.

🍏 Meine Analyse

Lyten will sich von einer 200-Mann-Akku-Boutique zu einem großen, vollwertigen Batteriespezialisten wandeln.

Das ultimative Ziel: „Die Übernahme von Northvolt beschleunigt unsere Fähigkeit, Lithium-Schwefel in Automobilmaßstab zu liefern.“ (NYT).

„Wir expandieren in nachgelagerte Bereiche der Batterie-Wertschöpfungskette, um einen größeren Teil davon zu beherrschen“, sagte Keith Norman, der Marketingchef, gegenüber Bloomberg. Lyten spiegelt damit, was die Marktführer aus China seit mehr als einem Jahrzehnt praktizieren.

Der Deal bringt Lyten für wenig Geld:

  • Fertige Infrastruktur

  • staatliche Förderung

  • Erfahrenes Personal

  • Neue Produktionslinien

  • Kontakte zu Großkunden

Kurz: Der Weg zur schnellen Expansion steht offen.

Das Vorhaben geht aber nur auf, wenn Northvolt seine berühmten Produktionsprobleme in den Griff bekommt. Das sei nach Aussage von Lyten und Northvolt geschehen. Unter der neuen Führung konnte die Ausschussrate bei den Batterien gesenkt werden.

Die finanzielle Logik des Deals hat CEO Dan Cook umrissen:

  • die bestehenden Produktionsanlagen mit dem Investorenkapital von Northvolt wieder hochfahren und das alte Personal einstellen

  • zunächst Lithium-Ionen-Akkus in Schweden herstellen, um damit die Fabrik für Netzspeicher in Polen zu versorgen

  • die Erträge aus dem Geschäft mit den Großspeichern nutzen, um die Produktionslinien auf Lithium-Schwefel umzustellen

  • die Erträge außerdem nutzen, um Lithium-Schwefel-Batterien innerhalb von fünf Jahren für andere Einsatzzwecke weiterzuentwickeln (Speicher, E-Autos)

  • neue Ankerkunden in der europäischen Automobilindustrie gewinnen

Das ist ein kühner Plan für ein Unternehmen, das bisher noch nie Batterien en masse hergestellt hat.

Aber es kann gelingen. Denn die Probleme bei Northvolt waren auch Führungsprobleme. Getrieben von der Politik und der Batterie-Euphorie lastete sich das Unternehmen zu viel auf. Es wollte in allen Ländern des Westens, in allen Zellchemien und allen Produktkategorien mitspielen – bevor es überhaupt die industrielle Reife dafür hatte.

Wenn Lyten jetzt die Northvolt-Übernahme nutzt, um Schritt für Schritt und mit Bedacht ihren Zugriff auf amerikanisches Kapital, Lithium-Schwefel-Know-How und die existierende europäische Produktionserfahrung zu verschmelzen, kann es klappen.

Was CEO Dan Cook sagt, deutet darauf hin, dass er die Herausforderung erkannt hat: Man wolle nicht die ganze Kultur von Northvolt ändern, sondern nur die eigene Technologie integrieren.

Ob es am Ende klappt, europäische Autobauer zu überzeugen, hängt von der technischen Weiterentwicklung ab. Das kann niemand seriös sagen. Klar ist nur, dass europäische Autobauer wie Porsche, Volkswagen und BMW sich längst umorientiert haben. BMW arbeitet in Ungarn mit CATL aus China zusammen, das ein Batteriewerk direkt neben einem Werk der Münchner aufbaut.

Die europäische Perspektive ist dabei gar nicht so schlecht, wie es auf den ersten Blick wirkt: Denn die ehemaligen Northvolt-Assets bleiben alle in einer Hand.

Der Kontinent bekommt einen westlichen Lieferanten, der eine alternative Zellchemie im Portfolio hat und mit seinen großen europäischen Standorten Wissen und Wertschöpfung in Europa halten wird.

Im besten Fall entwickelt sich um Lyten herum das Ökosystem, das wir uns immer von Northvolt versprochen haben. Im schlechtesten Fall scheitert die kleine Firma an der Umsetzung und die Fabriken landen doch bei asiatischen Firmen.

Aber eine Frage bleibt zu stellen: Gab es wirklich keine europäische Firma, kein Konsortium, das die vergleichsweise geringe Summe von $200 Millionen aufbringen konnte? So zeigt sich wieder einmal, dass die industrielle Skalierung von grüner Technologie nicht nur eine Frage von Fabriken und Maschinen ist, sondern auch eine Frage des Kapitalmarkts. Hier kann Europa nicht mithalten.

👉️ Steige tiefer ein

  • Die schwedische Zeitung Norran hat den CEO von Lyten 15 Minuten lang interviewt

  • Chronologie der Northvolt-Pleite beim NDR

Was denkst du?

Schafft Lyten es, die Produktion von Batterien in Europa zu skalieren?

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Die wichtigen News

Nachrichten, über die die Branche gerade spricht.

☀️ Solarenergie

  • Historischer Tiefstand bei Photovoltaik-Modulpreisen im August (Solarserver)

  • Chinas Vorgehen gegen Überkapazitäten steht beim Solarsektor vor dem Lackmustest (Reuters)

  • Hängepartie um das Solarpaket sorgt für Frust bei Betreibern (Tagesspiegel Background)

🔋 Batterietechnologie

  • Verhindert der Batteriespeicher-Boom neue Gaskraftwerke? (Handelsblatt)

  • „Smart Coating“ verleiht Lithium-Schwefel-Batterien 5× längere Lebensdauer und leichtere Packs für E-Autos (Interesting Engineering)

  • Batterierecycling: Neue Regeln sind in Kraft (Erneuerbare Energien)

  • Porsche will Batterietochter Cellforce weitgehend abwickeln (n-tv)

  • Die Entwicklung von BESS-Abnahmeverträgen in Europa (Energy Storage News)

  • Entwurf zur Stromsteuer-Reform betrifft auch Speicher und E-Autos (Solarserver)

🌬️ Windenergie

🧪 Wasserstoff

  • Wasserstoffproduktion: Neue Katalysatoren lösen den Iridium-Engpass (Ingenieur)

  • Enertrag baut Wasserstoffwerk für H₂-Züge (Energie & Management)

  • Bayern will ab 2026 weitere Wasserstoffzüge testen (Heise)

⚛️ Atomkraft & Kernfusion

  • Schweden setzt auf Mini-Reaktoren für erste Nuklearexpansion seit 50 Jahren (Euractiv)

  • Aalo Atomics sammelt 100 Mio. $ für kombiniertes Mikroreaktor- und Rechenzentrums-Projekt ein (TechCrunch)

  • Trägheitsfusion: Perfekte Diamant-Kapseln erhöhen den Ertrag (Golem)

⚡ Netztechnologien

  • Norwegischer Staatsfonds erwägt Gebot für deutsche Stromnetze (Handelsblatt)

🧱 Baustoffe & Zement

  • Kühlender Beton als Lösung gegen städtische Hitze (Ingenieur)

♻️ Plastik & Recycling

  • Gescheitertes Plastikabkommen: Warum es so wichtig ist, bei der Herstellung anzusetzen (t3n)

🚗 Mobilität

  • Chinas Auto-Schlupfloch: Wie Plug-in-Hybride die EU-Zölle aushebeln (Investment Week)

  • E-Auto-Eigenzulassungen steigen deutlich (Tagesschau)

🔧 Andere Technologien

  • Mit Supersäuren gegen „Ewigkeitschemikalien“ (Chemie)

  • Großwärmepumpen stehen in den Startlöchern (ZfK)

📈 Markt & Politik

  • Bundesregierung will ab 2026 Stromkundinnen und -kunden entlasten (Energie & Management)

  • Mit einem Kniff will die EZB das fossile Geschäft schwächen (Focus)

  • Berlin meldet vorläufige Einigung mit Brüssel: Subventionen für >10 GW neue Gaskraftwerke (Euractiv)

🌍 Klimawissenschaft

  • Forschung sieht Arbeitskräftemangel bei der Energiewende (BR)

Der letzte Link

Korrektur: In der vergangenen Ausgabe hatte ich im Betreff gemeldet, dass das neue Projekt, das Speicher+Solar+Rechenzentrum kombinieren will, in Thüringen angesiedelt werden soll. Das ist falsch. Es soll in Weida-Land, Sachsen-Anhalt, aufgebaut werden. Danke an Su für den Hinweis!

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👋 Grüße an alle ASMR’ler da draußen! Schickt mir doch mal euren Go-To-Kanal 😉 

Rico Grimm




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