Too low to meter

Neue Zahlen zum Smart-Meter-Einbau sind da. Sie sind nicht gut.

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Die kleinen Betreiber bauen zu langsam Smart Meter ein

Von der Bundesnetzagentur aktuelle Zahlen zum Einbau intelligenter Messsysteme:

Was du siehst

Die Grafik zeigt den Stand des Smart-Meter-Einbaus bis Ende März 2025 – sortiert nach Größe der Betreiber.

  • 18 große Betreiber (>500.000 Anlagen) erreichen eine Einbauquote von über 20% (dunkelblau).

  • Kleinere Betreiber schneiden schlechter ab.

  • Die kleinsten (<30.000 Anlagen) schaffen nur 4,6% (grün).

Zum Verständnis: Messstellenbetreiber können die Netzbetreiber vor Ort sein. Sie müssen es aber nicht sein. Mit ihnen konkurrieren die wettbewerblichen Betreiber um Kunden. Dazu zählen Firmen wie Enpal, Octopus Energy oder Spot My Energy. Sie verkaufen oft Komplettlösungen von der PV bis hin zur Wärmepumpe, alles gesteuert durch Smart Meter.

Warum das wichtig ist

Ohne Smart Meter keine vertiefte Energiewende. Deutschland erzeugt zeitweise über 60% seines Stroms aus PV und Wind dank vieler neuer Anlagen.

Will es eine höhere Quote schaffen, braucht es Speicher – und mehr Stromproduktion und -verbrauch, der flexibel läuft, je nachdem wie hoch Angebot und Nachfrage gerade sind. Nur Smart Meter können diese Flexibilität schaffen.

Ja, die Zahlen sind niedrig

Aktuell sind 1,5 Millionen Smart Meter in Deutschland installiert, das entspricht aufgerundet 3% aller Systeme.

Das offizielle Ziel für 2032 sind: 90%.

In loser Auswahl noch die Einbauquoten unserer europäischen Nachbarn:

  • Dänemark: 100%.

  • Schweden: 100%.

  • Spanien: 100%

  • Italien: 98%

Diese Grafik stammt aus dem Jahr 2023. Deutschland wird mit 0% aufgeführt, was etwas unfair ist, schließlich war doch bestimmt ein Smart Meter irgendwo installiert.

Andererseits galt für die Statistiker bei den deutschen Zahlen vielleicht auch nur das weltbekannte Mantra aller Energienerds: „Too low to meter“ 😉 

🍏 Was ich denke

Gut für Deutschland, dass Europa lieber Gesangswettbewerbe austrägt als Smart-Meter-Rollouts vergleicht.

Der aktuelle Stand ist peinlich, frustrierend und längst nicht mehr zu entschuldigen.

Deutschland wollte von Beginn an alles richtig machen und hat die Anforderungen an die kleinen Geräte hochgeschraubt – egal, ob ein Mieter sie für dynamische Tarife (kleine Anforderung ans Gerät) oder eine Eigenheimbesitzerin zur Steuerung des ganzen Haushalts nutzen will (große Anforderung ans Gerät).

Nun geht es im Schneckentempo weiter voran. Zwischenzeitlich verlangten Betreiber der Messstellen dann auch bis zu 900 Euro für den Einbau – obwohl die Preise bei 100 Euro gedeckelt sein sollten.

Im Frühjahr mahnte die Bundesnetzagentur knapp 700 Unternehmen ab, weil sie den Einbau der Smart Meter verschleppten. Es gibt nur insgesamt 851 Messstellenbetreiber, die diese Geräte einbauen müssen. Mit anderen Worten: 80% aller Firmen halten sich nicht an die Fahrpläne.

Das sieht nicht wie Zufall aus, sondern wie Absicht. 

Wohlwollend betrachtet kommen die Messstellenbetreiber, gerade die kleineren, einfach nicht mit dem Einbau hinterher. Etwas weniger wohlwollend betrachtet haben sie nicht das größte Interesse an einem schnellen Rollout.

Denn:

  • Mehr Smart Meter → mehr Netz-Flexibilität

  • Mehr Flexibilität → mehr Stress für Betreiber

  • Mehr Stress → mehr Wettbewerb für die Stadtwerke (die meist die Zähler betreiben)

Es bringt allerdings nichts, auf einzelne Firmen zu hauen. Denn wir haben es mit einem systemischen Problem zu tun.

851 Firmen müssen 851-mal den Rollout planen, Geräte einkaufen, 851-mal Fehler bei der Installation machen und 851-mal aus diesen Fehlern lernen.

Wie es besser ginge, zeigt ein Blick in die Geschichte: Großbritannien musste in den 1970er Jahren sein komplettes Gasnetz vom kohlebasierten Stadtgas auf Erdgas umstellen. 40 Millionen Brenner mussten ausgetauscht und Millionen Kilometer Leitung umgebaut werden. Klappte. In knapp zwölf Jahren.

Das staatliche Gas Council plante, erforschte und erprobte die Umstellung damals – und verhandelte zentral beim Einkauf. Regionale Organisationen setzten es dann vor Ort um.

Deutschland hat mit den Stadtwerken solche regionalen Organisationen, aber keine zentrale Anlaufstelle, die den Rollout plant.

Föderalismus ist für ein Land wie Deutschland oft ein Segen. Er ist Ausdruck lokaler Kultur.

Aber Matjesbrötchen und Spätzle werden auch dann noch Spezialitäten sein, wenn sie, ganz regional, mit Strom hergestellt werden, der durch zentral geplante Smart Meter fließt.

👉️ Steige tiefer ein

  • Die wichtigsten Fragen zu Smart Metern für Verbraucher beantwortet Heise

  • Case Study des Ecologic Institute: Was Deutschlands Politik verbessern könnte

  • Das weltbekannte Mantra ist natürlich „Too cheap to meter”. Mehr dazu bei Wikipedia

Innovations-Wettbewerb: Gleich vier Langzeitspeicher-Gewinner

Die Bundesagentur für Sprunginnovationen (Sprind) hat vier Gewinner in seinem Langzeitspeicher-Wettbewerb ausgezeichnet.

Das waren die Bedingungen:

Der Wettbewerb zielt darauf ab, radikal neue Energiespeichertechnologien zu unterstützen, die in der Lage sind, Strom für mindestens zehn Stunden zu liefernohne auf knappe oder kritische Rohstoffe angewiesen zu sein.

Jeder Teilnehmer erhielt €3 Millionen Euro und Coaching.

Gewonnen haben:

  • Reverion aus München – wasserstoffbasierte Speicherung ( 🍏 Hier mein Startup-Check der Firma)

  • Ore Energy aus Delft – Eisen-Luft-Batterie

  • Haliogen Power aus – membranlose Flow-Batterie

  • Unbound Potential aus Zürich – membranlose Flow-Batterie

Warum das wichtig ist

Energie für lange Zeit speichern zu können, ist eine Schlüsselfertigkeit der Energiewende. Welche Technik sich dafür im großen Maßstab umsetzen lässt, ist unklar.

🍏 Warum es vier Gewinner gibt – meine These

Die neue Bundesregierung möchte 40 bis 50 neue Gaskraftwerke bauen, um Deutschland auch in Dunkelflauten sicher mit Strom versorgen zu können.

Dass Sprind einfach alle Teilnehmer zum Sieger erklärt, ist ein zugespitzter Kommentar zu diesen Plänen – „Schau Deutschland, es gibt Alternativen! Und sogar gleich vier davon!“

Für meine These spricht, dass sich ein von Sprind mitfinanzierter Report gegen die Pläne von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche wendet. Darin heißt es:

Der Neubau von Gaskraftwerken ist mit hohen Kosten und strategischen Risiken verbunden. Der Einstieg in eine neue Generation von Gaskraftwerken würde Deutschland in ein ineffizientes und politisch riskantes Energiesystem führen.

Der Report wird am 16. Juli veröffentlicht.

👉️ Steige tiefer ein

Die wichtigen News

Nachrichten, über die die Branche gerade spricht.

☀️ Solarenergie

  • Solarstrom stabilisierte im Juni Europas Stromnetz bei Hitzewelle (Golem)

  • GMB: Letzter europäischer Solarglashersteller meldet Insolvenz an (Solarserver)

🔋 Batterietechnologie

  • 50Hertz: Keine neuen Netzanschlusszusagen für Projekte vor 2029 möglich (pv-magazine)

🌬️ Windenergie

  • Militärische Radar-Beschränkungen gefährden Windkraftausbau erneut (Recharge)

⚡ Netztechnologien

  • Bundesnetzagentur legt Hochlaufentgelt für Wasserstoff-Kernnetz fest (Solarserver)

♨️ Geothermie

  • Wo Reiches Geothermie-Gesetz vom Habeck-Entwurf abweicht (ZfK)

🧪 Wasserstoff

  • H2Mare: Weltneuheit schwimmender Wasserstoffplattform startet in Bremerhaven (t-online)

🚗 Mobilität

  • Studie: E-Autos stoßen 73 % weniger Treibhausgase aus als Verbrenner (Golem)

📈 Markt & Politik

  • 1,4 Billionen € für klimagerechten Umbau nötig – Bericht zur Investitionslücke veröffentlicht (Energie und Management)

  • Einigung in Bayern über Bürgerbeteiligungsgesetz für Erneuerbare-Energien-Projekte (Energie und Management)

Deals

💶 E-Mobilität: Cariqa, Berlin, €4 Millionen in einer Seed-Runde. 4 offene Stellen.

💶 H2-Turbinen: Crosstown, Zürich, €3,45 Millionen in einer Seed-Runde. Keine offenen Stellen.

Der letzte Link

Mmh, lecker, Risotto”. Denken sich auch ein paar pinke Freunde in Norditalien, die da vor dem Klimawandel nicht waren.

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👋 Beim deutschen Smart-Meter-Rollout bleibt mir nur noch Galgenhumor.

Rico Grimm

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