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400 Mio € hat Marvel Fusion – und es reicht nicht
Da fehlen noch ein paar Milliarden.

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Wie Marvel Fusion seinen ersten Kraftwerksprototypen finanzieren will
Marvel Fusion braucht 2,6 Milliarden Euro für seinen ersten Fusionsreaktor. Die wichtigsten Aussagen von Gründer Moritz von der Linden und Finanzvorstand Nicolas Burkardt aus einem FAZ-Interview (€):
„Wir haben jetzt knapp 400 Millionen Euro aus öffentlichen und privaten Mitteln aktiviert.“
„Es geht um die Entwicklung eines ersten funktionalen Prototyps eines Kraftwerks, das den Übergang zur industriellen Serienproduktion vorbereitet und gleichzeitig regulatorische, technische und ökonomische Machbarkeit belegt. Das bedeutet ein Finanzierungsvolumen von etwa drei Milliarden Euro.“
„Aus unserer Sicht sind leistungsorientierte Finanzierungsinstrumente genau der richtige Weg – das Unternehmen trägt hierbei das Risiko und nicht der Steuerzahler.“
„Wir haben im Land ein Kapitalproblem [...] Wir sind seit Jahrzehnten ein Kapitalexporteur in die USA.“
Warum das wichtig ist: Europäische Deeptech-Startups scheitern oft an der Finanzierung ihrer ersten Prototypen – selbst wenn ihre Technologie vielversprechend ist. Das Problem heißt in der Branche die FOAK-Lücke.
Marvel Fusion fordert:
Staatliche Mittel gekoppelt an überprüfbare Fortschritte (analog zur Biotech-Branche)
Mehr europäische Investoren für Hochrisikoinvestments
🍏 Was ich denke
Dieses Interview ist wohl platzierte Investoren-Werbung – und berechtigter Hilferuf.
Denn Marvel hat eine Finanzierungslücke von mehreren Milliarden Euro. Den Großteil dieser Lücke kann nur der Staat schließen – Scheitern ist dabei möglich.
Aber egal, wie die Aussichten speziell für den Ansatz von Marvel sind. Ihr Problem haben viele: Die Europäer stecken zu wenig Geld in ihre eigenen hochriskanten, aber vielversprechenden Firmen.
👉️ Steige tiefer ein
Mein Explainer bei Klimafakten: „Kann die Kernfusion beim Klimaschutz helfen?“
Euronews: „Capital Markets Union: What is it and what could it bring to Europe?“
„Die Bor-Proton-Fusion, wie sie Marvel Fusion propagiert, wird nicht gelingen“ – kritischer Text (aus 2023, NZZ)
Der Blackout in Spanien: Netzmanagement versagte
Der offizielle Report der spanischen Regierung hat mehr als 170 Seiten (PDF). Hilfreich fand ich diese nüchterne Zusammenfassung aus IEEE Spectrum:
Die Ergebnisse zeigen, dass es sowohl in den Tagen vor dem Blackout als auch am Morgen des Blackouts zu ungewöhnlichen Spannungsschwankungen im Netz kam. Die Stabilisierung der Schwingungen nach den üblichen Regeln führte zu einer geringfügig höheren Spannung als üblich. Einige Kraftwerke, die vertraglich dazu verpflichtet waren, Blindleistung zu liefern, wodurch sich die Überspannung hätte ausgleichen lassen, taten dies nicht. In einem Fall wurde sogar Blindleistung zugeführt. Andere Kraftwerke schalteten sich ab, bevor sie ihre Zielspannungstoleranz erreichten, wodurch sich die Spannung der übrigen Kraftwerke erhöhte, bis eine Abschaltungskaskade das Netz überlastete.
Der spanische Netzbetreiber ergänzte, dass die Spannungsschwankungen ihre Ursache in einer PV-Anlage habe. Es handelt sich vermutlich um eine 500-MW-Anlage von Iberdrola. Die Firma reagierte umgehend: Man verwechsele hier Ursache und Wirkung.
🍏 Was mir aufgefallen ist
Das Blamegame, das kurz nach dem Blackout begann, war nicht zielführend.
Es ist egal, ob dieser Blackout der erste der „grünen Ära“ (Bloomberg, €) war, genauso wie es egal war, ob der Humpen Milch, den ich gestern verschüttet habe, bio war oder nicht.
Die Frage ist, warum ich den Humpen nicht halte konnte ein subkontinentales Stromnetz, das in der Spitze knapp 40 GW Leistung erbringt, nicht in der Lage war, die Störung in einer 500-MW-Anlage abzufangen?
Genau dafür gibt es sogenannte Systemdienstleistungen, die grundsätzlich von allen Anlagen erbracht werden können: Gas- und Kohlekraftwerken, Batterien, Erneuerbaren. Zu wenige Anlagen erbrachten diese Systemdienstleistungen kurz vor dem Stromausfall. Zuständig für deren Management: der Netzbetreiber.
Der konkrete technische Anlass mag ein anderer sein, aber der Grund für den Blackout ist schlechtes Netzmanagement am Tag vor dem Blackout und schlechte Netzplanung in den Jahren zuvor.
Die Rabobank hat dazu bereits vor Wochen eine schöne Grafik erstellt, die sich auch als To-Do-Liste für die spanische Regierung lesen lässt.
Drei Dinge fallen auf:
Das spanische Netz ist doppelt so groß wie das niederländische.
Aber es hat nur ein Drittel der Großspeicher-Kapazität („BESS“) des niederländischen.
Außerdem könnten die Niederlande im Zweifel die Hälfte ihrer Spitzenlast aus dem Ausland decken („Interconnector capacity“)

👉️ Steige tiefer ein
Energie-Lexikon: „Systemdienstleistungen“
Die IEA liegt wieder mit Prognosen daneben – aber dieses Mal ist es kein Grund zum Jubeln
Die Financial Times (€) zeigt in einer Grafik: Die IEA (orange) unterschätzt den realen Kohleverbrauch (grau) systematisch. Wir kennen diese Fehlprognosen bereits vom Solarausbau, wo die IEA seit einem Jahrzehnt daneben liegt.

Den globalen Kohleverbrauch treiben vor allem die asiatischen Länder. Sie bauen weiter Kohlekraft zu. China mit Abstand die meisten, gefolgt von Indien, Indonesien und Vietnam.
Warum das wichtig ist: Kohle ist die dreckigste Energieform. Kohlekraftwerke haben eine Lebensdauer von ungefähr 50 Jahren. Das ist echter fossiler Lock-In – und viele Länder Afrikas haben noch gar nicht richtig mit der Elektrifizierung begonnen.
👉️ Steige tiefer ein
Solar exponentiell – Warum so viele Schätzungen daneben liegen – mein Explainer aus dem November.
Gute Links, die deine Zeit wert sind
💫 Jedes Jahr interessant: Die zwölf Gewinner des Bloomberg NEF Pionier-Awards. Ein Blick auf die Liste von Startups könnte ein Blick in zukünftige Trends sein. Kategorien waren: Leichtindustrie, Speicher und Klimaanpassung.
🚗Wer sich für E-Autos und Batterien tiefergehender interessiert: Hier gibt es einen Blick in die Geschichte und Unternehmenskultur von BYD, basierend auf der autorisierten Unternehmensbiografie. Etwas neutraler und mit Fokus auf die Expansion: Global BYD
📗 Für die Bookmarks: Hervorragender Einstiegstext, um den Einsatz von Ammoniak im Energiesystem und in der Industrie besser zu verstehen: Ammonia - the basics
☀️ Städte wie Mexico City, Johannesburg oder Madrid können laut einer Analyse von Ember-Forschern fast komplett mit Solarenergie laufen – für $100/MWh. Es würde den ohnehin schon vorteilhaften Öko-Abdruck von Städtern vergrößern.

Anteil der Zeit, in der ein System mit 6 GW Solar- und 17 GWh Speicherkapazität 1 GW Leistung in 12 Städten liefern würde (%), basierend auf durchschnittlichen Wetterbedingungen von 2005–2023. Quelle: Ember.
News, die die Branche bewegen
🔋 Batterietechnologie
China startet weltweit erste netzbildende Natrium-Ionen-Batteriespeicheranlage (PV-Magazine)
Skeleton Technologies entwickelt Graphen-EGPU-Batterie für KI-Rechenzentren (PV-Magazine)
⚡ Netztechnologien
Rechenzentren: Deutschlands Stromnetze werden zum Problem (ZfK)
TÜV fordert Reform: Wie E-Autos Strom liefern können (Solarserver)
☀️ Solarenergie
Photovoltaik-Zubau im Mai wieder über der Gigawatt-Marke (PV-Magazine)
🌬️ Windenergie
Deutschland muss Offshore-Ausschreibungsdesign nach TotalEnergies-Sieg überarbeiten (RechargeNews)
Projekt zur Leistungssteigerung von Offshore-Windanlagen (Energiezukunft)
♨️ Geothermie
Geothermie boomt in Niedersachsen (ErneuerbareEnergien)
🧪 Wasserstoff
Durchbruch bei der atomaren Reorganisation könnte Kosten für grüne Wasserstoffkatalysatoren senken (EnergyNews)
Thyssenkrupp Nucera übernimmt grüne Wasserstoff-Systemtechnologie (EnergyNews)
Empa startet Pilotanlage für neuartiges Power-to-Gas-Verfahren (PV-Magazine)
🍽️ Ernährung & Umwelt
Uralte Heilpflanze senkt Emissionen in der Rinderhaltung (Ingenieur)
🧱 Baustoffe & Zement
Heidelberg Materials: Erste europäische CO₂-Lieferkette mit deutschem Zementwerk (WiWo)
🚗 Mobilität
Salzgitter setzt verstärkt auf grüne Stahlpläne, während ArcelorMittal zurückzieht (FuelCellsWorks)
ArcelorMittal gibt Pläne für grünen Stahl in Deutschland auf (n-tv)
Elektrofähren-Startup Candela schließt Deal in Mumbai ab (Sifted)
⚛️ Atomkraft & Kernfusion
Finnlands Konzept für Kernreaktoren wird bewertet (InterestingEngineering)
Tschechien unterzeichnet Vertrag für koreanische Kernreaktoren (Euractiv)
🗜️ Andere Technologien
Chemiker stellen erstmals Hexastickstoff her: Die energiereichste Substanz, die je gebildet wurde (Chemie)
Lithiumabbau: Opferzone für portugiesische Dorfbewohner im EU-Energiewandel (TheGuardian)
Großwärmepumpen-Technologie kann ungenutzte Energiequellen erschließen (Solarserver)
📈 Marktentwicklungen & Politik
Ausbau erneuerbarer Energien senkt Börsenstrompreise (Energiezukunft)
Das rechte Lager triumphiert: Frankreich droht Verbot neuer Wind- und Solaranlagen (FAZ)
EU einigt sich auf Ausnahmen bei CO₂-intensiven Importen (Spiegel)
EU-Kommission stellt sich auf Berlins Seite im Schaltanlagenstreit mit Frankreich (Euractiv)
Erneut überzeichnete Biomasseausschreibung: Branche fordert schnelle EEG-Reform (ErneuerbareEnergien)
Walmart-Erbe Lukas Walton setzt 15-Milliarden-Dollar-Wette auf die Umwelt (FT)
Jobs…
👉️ Für Arbeitgeber: Buche eine Stellenanzeige für dein Unternehmen hier.
👉️ Für Arbeitnehmer: Diese Liste von Portalen für grüne Jobs hilft beim Suchen.
…& Deals
💶 Ökostrom: Ostrom, Berlin, 20 Millionen Euro in einer Series-B-Runde, angeführt von Union Square Ventures. 4 offene Stellen.
Der letzte Link
Ressourceneinsatz und Materialströme sind bei diesem Bauen auf jeden Fall kein Problem.
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Die Gespräche mit einigen Lesern zeigten mir, dass ihr vier Dinge an diesem Newsletter schätzt:
Der breite Überblick
Meine prägnante Einordnung
Optimistische Erklärtexte zu konkreten Technologien
Myth-Busting rund um die Energiewende.
Das hier war die erste Ausgabe, die ich voll im Hinblick auf die ersten beide Punkte überarbeitet habe. Für das längere Erklären und Mythen aufzeigen, arbeite ich an einem anderen Format.
Ich freue mich über deine Rückmeldung zu der kleinen Änderung (nach dem Klick kannst du auch einen Kommentar hinterlassen):
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